Creative Characters S2 E15: Annie Atkins: Filmwelten mit grafischen Requisiten und Schrift bauen.
Annie Atkins.
Im Podcast Creative Characters sprechen wir mit kreativen Menschen, die an der Schnittstelle zwischen Schrift und Kommunikation arbeiten. Sie können die aktuelle Episode ganz unten auf dieser Seite starten, oder auf Apple, Spotify, Google Podcasts, oder überall, wo gute Podcasts angeboten werden.
Wir bleiben diese Woche beim Thema Film. Heute begrüßen wir Annie Atkins, eine Kreative in der Filmindustrie (genau wie unser letzter Gast, Holly Fraser). Sie wurde bekannt für ihre grafischen Requisiten und Bühnenbilder für Wes Andersons „Grand Budapest Hotel“ und „Isle of Dogs“. Außerdem hat sie Designarbeiten für „The Tudors“, „The Boxtrolls“ und Steven Spielbergs Thriller „Bridge of Spies“ geschaffen. Schalten Sie ein und erfahren Sie mehr über die Magie von Filmkulissen und Requisiten.
Hinter den Kulissen.
Annie fühlte sich schon immer in der Welt der Kunst und des Designs zu Hause, doch der Übergang vom kommerziellen Grafikdesign zur Filmgrafik war eine echte Herausforderung. Nachdem sie ihren Master in Filmproduktion am University College Dublin gemacht hatte, bekam Annie 2007 einen ersten Vorgeschmack auf die Unterhaltungsindustrie, indem sie an der historischen Pay-TV-Serie „The Tudors“ mitarbeitete.
„Ich wurde ins kalte Wasser geworfen, denn bei meinem ersten Job war ich die einzige Grafikdesignerin der Serie. Ich musste mir vieles selbst erarbeiten. Erschwerend hinzu kam, dass ich ohne Erfahrung in diesen Job hineinrutschte.“
Annie wirkte mehrere Jahre als Grafikdesignerin am Set von „The Tudors“ mit und verfeinerte ihre Fertigkeiten, bevor sie in die Welt des Kinofilms wechselte.
Licht, Kamera, Action.
Die Arbeit mit einem Team, in dem jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter eine spezielle Aufgabe hat, und zu erleben, wie der Prozess des Filmemachens voranschreitet, begeisterte Annie von Anfang an.
„Allein zu erleben, wie Bühnenarbeiter einen Thron über den Parkplatz tragen, war schon aufregend. Auch war es spannend zu beobachten, wie all die Leute mit Walkie-Talkies zwischen den Abteilungen hin und her funkten. Oder, dass ich einen kleinen Werkzeuggürtel trug, um meine Tools stets zur Hand zu haben, falls es im Set ein kleines Stück Glasmalerei zu reparieren gab, das ich angefertigt hatte …“
Einer der magischsten Momente für Annie ist es, im Kino zu sitzen und zu sehen, wie die harte Arbeit der einzelnen Abteilungen zum Leben erwacht.
„Im Kino ist es so eindringlich. Alles kommt zusammen und man ist plötzlich mitten in der Geschichte drin. Das liegt zum Teil auch daran, dass wir uns in den Designabteilungen um all diese winzigen Details kümmern, die den Schauspielern helfen, sich noch etwas mehr in den Charakter hineinzuversetzen, und dem Publikum helfen, sich noch etwas mehr in die Geschichte hineinzuversetzen.“
Der Schlüsselfilm.
Wenn sie auf ihr bisheriges Schaffen zurückblickt, ist das Designprojekt mit der größten Wirkung sicherlich die Arbeit an den grafischen Requisiten für Wes Andersons Filmkomödie „Grand Budapest Hotel“ (2014). Annie und ihr Team zogen für die Dauer der Dreharbeiten in ein abgelegenes Gebiet in Deutschland, nahe der polnischen Grenze, wo das Art-Department in einem Zwischengeschoss direkt über den Schauspielern am Set untergebracht war. Nachdem das Szenenbild 2015 mit einem Oscar ausgezeichnet wurde, entwickelte sich „Grand Budapest Hotel“ endgültig zu Annies Schlüsselfilm. „Ich habe das Gefühl, dass ich noch mit 90 Jahren über dieses Projekt sprechen werde.“
Was die Arbeit mit Wes Anderson so besonders machte, war die Art und Weise, wie der Regisseur die Requisiten in seinen Filmen beleuchtet. „Er macht das Grafikdesign zur Hauptfigur.“
Was in den Requisiten steckt.
Der Prozess der Herstellung einer Requisite ist vielschichtiger, als man zunächst denkt. Für Annie bedeutet die Herstellung von Requisiten ein tiefes Eintauchen in die Geschichte der Filmzeit, die Beschaffung von Materialien und schließlich die handwerkliche Herstellung und Anpassung der Requisiten an die Filmästhetik. Im Laufe ihrer Karriere hat sie eine Reihe von Requisiten entworfen und hergestellt, vom Schokoriegel bis zur königlichen Schriftrolle.
Ein häufiges Requisit in Filmen sind Zeitungen, auf denen regelmäßig die Namen der Filmcrew auftauchen.
„Wir bauen Namen von unserer Crewliste ein, damit wir bezüglich der Persönlichkeitsrechte auf der sicheren Seite sind, wenn diese später auf der Leinwand zu lesen sind. Zudem ist es einfach eine lustige Sache. Wenn man sich also einen Film ansieht und ein Name auf einer Requisite erscheint, findet man diesen normalerweise auch im Abspann am Ende des Films.“
Wenn sie nicht in ihrem Studio arbeitet, gibt Annie Workshops zur beruflichen Annäherung an die Filmindustrie. Zum Einstieg denken sich die Studierenden eine Figur aus, für die sie dann Requisiten entwerfen, die die Welt der Figur widerspiegelt. Sie hofft, ihre Kurse in Zukunft um einen zweitägigen Workshop zur Überprüfung des Portfolios erweitern zu können.
„Ich liebe es, wenn mich die Schüler hier in Dublin besuchen und wir zwei Tage zusammen verbringen … das haucht neues Leben in meinen Alltag.“
The golden gates of Hollywood.
Es ist unmöglich, über die Filmindustrie zu sprechen, ohne auf deren Defizite einzugehen, zu denen der Mangel an Vielfalt und Barrieren gehören. Seit ihrer Arbeit an „Grand Budapest Hotel“ hat Annie jedoch einen echten kulturellen Wandel durch den zunehmenden Erfolg von Fernsehserien festgestellt, der ihrer Meinung nach zu einer größeren Vielfalt in der Branche beigetragen hat.
„Ich glaube, dass es die TV-Serien waren, die mehr interessante Rollen für weibliche Charaktere geschaffen haben, weil dort Drehbücher für 12 Stunden Sendezeit der Standard sind. Beim Film dagegen kann man sich damit herausreden, dass nur anderthalb Stunden zur Verfügung stehen, und die füllen die Kerle. Bei den Serien hast du die Freiheit, 12 Stunden zu füllen, und da braucht es komplexe Frauenfiguren, damit die Geschichten funktionieren.“ Die vielleicht größte Herausforderung bei der Arbeit in der Filmbranche sei es, so Annie, die goldenen Pforten zu passieren.
Dennoch glaubt Annie, dass man die Leute in der Filmbranche am besten erreicht, wenn man sich mit einer guten Arbeit vorstellt. Sie ist der festen Überzeugung, dass in der Branche Platz für alle ist, auch für Neulinge, die keinen Kontakt in die Szene haben. „Dein bisheriges Schaffen kann die Eintrittskarte sein“, sagt sie.
„Wir sind immer auf der Suche nach guten Leuten in der Requisite. Wir brauchen jede Hilfe, die wir bekommen können. Wenn du mit einem Portfolio an Arbeiten an uns herantrittst, die zeigen, dass du ein echtes Interesse am Entwerfen, Schneiden, Kleben, Falten und am Herstellen all dieser Requisiten hast … wenn du dich mit der Geschichte und den Drehbüchern auseinandersetzt und über die Epoche und das Genre nachdenkst, dann wirst du es schaffen.“
Vielen Dank fürs Einschalten! Um Atkins’ Grafikdesign-Filmarbeiten zu sehen und mehr über die Workshops zu erfahren, die sie gibt, besuchen Sie Annies Portfolio-Website oder schauen Sie bei Instagram vorbei.