Eine wortlose Zukunft? Was uns das neue Mastercard-Logo über die moderne Marke verrät.

Mastercard schlug Anfang des Monats hohe Wellen, als das Unternehmen ankündigte, das Wort „Mastercard“ aus seinem Logo zu streichen. Aber ist diese Entscheidung ein Zeichen für einen breiteren Trend in der Art und Weise, wie Marken sich selbst darstellen, oder zeigt es einfach nur, dass Mastercard mit einem sich verändernden Markt zu kämpfen hat?
Der Gesamtzusammenhang
Das Verschwinden der Buchstaben aus Logos ist für uns hier bei Monotype von offensichtlichem Interesse. (Buchstaben sind unser Ding, falls Sie es noch nicht bemerkt haben.) Wenn also eine globale Marke wie Mastercard beschließt, die Verwendung ihrer Wortmarke abzuschaffen oder einzuschränken, werden wir hellhörig.
Mastercard ist sicherlich nicht die erste Marke, die dies tut – Apple, McDonald’s, Starbucks und Nike sind einige bekannte Beispiele – und es wird sicher nicht die letzte sein. Während sich Unternehmen an die schnelle Digitalisierung ihres Geschäfts und ihrer Kundenbeziehungen anpassen, beobachten wir einen Trend zu einem optimierten Branding hin, das sich auf diese digitale Erfahrung konzentriert. Im konkreten Fall von Mastercard umfasst diese Digitalisierung eine Zukunft, in der physische Kreditkarten – der Ursprung des Namens – möglicherweise gar nicht mehr existieren.

Das neue Logo setzt auf einfache Formen und Farben (und jahrzehntelange Vertrautheit), um die Kund*innen anzusprechen.
“Ich glaube nicht, dass es hier um die Abschaffung der Wortmarke geht“, sagt Monotype CMO Brett Zucker. „Es geht wirklich darum, eine Marke in allen neuen Umgebungen wie mobilen Geräten, AR/VR, Kiosken, Geldautomatenbildschirmen, Tankstellen-Videobildschirmen usw. effizient zu vermitteln. Der Platz ist knapp und die Auflösung kann die Lesbarkeit von Wörtern in solchen Umgebungen erschweren.”
All dies bedeutet jedoch nicht, dass Fonts verschwinden werden. Im Gegenteil: Fonts spielen eine entscheidende Rolle bei der Schaffung eines einheitlichen Kundenerlebnisses im gesamten Ökosystem einer Marke. Das Monotype Studio hilft Unternehmen ständig bei der Lösung dieses Problems, indem es sie zu Fonts führt, die das Wesen ihrer Marke erfassen, die Lesbarkeit in allen Umgebungen gewährleisten und überall ein optimiertes Kundenerlebnis bieten.
Aber werden andere Unternehmen, die Wege zur Vereinfachung ihres Markenauftritts suchen, dem Weg von Mastercard folgen? Und ist es für jede Marke die richtige Entscheidung?
Reife kommt nicht mit dem Alter
Mastercard hat diese Entscheidung nicht über Nacht getroffen. Ein Rebranding im Jahr 2016 legte den Grundstein, indem die Wortmarke und die ineinandergreifenden roten und gelben Kreise entkoppelt wurden.
“Als wir diese beiden Elemente vor einigen Jahren durch unser großes Neudesign getrennt haben, haben [wir] die Umstände vorhergesehen, unter denen das Symbol allein verwendet werden könnte“, sagt der Pentagram-Partner Michael Bierut, der 2016 das Rebranding von Mastercard leitete. Monotype lieferte den Font für dieses Rebranding, FF Mark, das Mastercard auch heute noch verwendet. „In Anbetracht der Tatsache, dass ihr Logo vor allem in der digitalen Welt immer kleiner wird, erschien es als Chance und Notwendigkeit, das Logo ohne den aus zehn Buchstaben bestehenden Mastercard-Namen verwenden zu können.”
Es schadet auch nicht, einen nahezu universellen Wiedererkennungswert zu haben, der sich – seit mehr als 50 Jahren – im öffentlichen Bewusstsein etabliert hat.
“Mastercard gab eine Wiedererkennungsrate von achtzig Prozent allein durch ihr Symbol und ihre Farbe an“, sagte Monotype Creative Director James Fooks-Bale, „aber es hat mehrere Jahrzehnte gedauert, dieses Niveau zu erreichen. Im Fall von McDonald’s verwendeten die Gründer die Bögen von Anfang an in ihren Restaurants, sodass sie viel Zeit hatten, sich einen Namen zu machen. Auch Nike hatte eine 25-jährige Reise hinter sich, bevor sie sich auf den Swoosh beschränkten.”
In vielerlei Hinsicht ist der Verzicht auf die Wortmarke vor allem ein Statussymbol, eine Möglichkeit für Marken, die Zugehörigkeit zu einer elitären Gruppe globaler Namen zu behaupten. Mastercard bestätigte dies in seiner Mitteilung, in der das neue Logo angekündigt wurde, und erklärte, das Unternehmen sei „stolz auf unser reiches Markenerbe und freue sich, die ikonischen Kreise für sich allein stehen zu sehen.”
Während ältere Marken wie Mastercard und McDonald’s diesen Bekanntheitsgrad über Generationen hinweg aufgebaut haben, können Marken, die im digitalen Zeitalter geboren und aufgewachsen sind, innerhalb weniger Jahre ein ähnliches Maß an Sichtbarkeit erreichen.
“Facebook und Twitter wurden von Anfang an ziemlich synonym mit ihrem Symbol“, erklärt Fooks-Bale. Andere digitale Unternehmen, wie z. B. AirBnB, sind schnell zu einem Identitätssystem übergegangen, das sich weniger auf Worte und mehr auf einzigartige, einfache Logos stützt, die speziell für einen Lifestyle entwickelt wurden, der auf Mobilgeräte setzt.
„Letztendlich denke ich, dass es auf die Reife der Marke ankommt und ob das Logo funktioniert“, sagt Zucker. Und „reif“ ist nicht unbedingt gleichbedeutend mit „alt“, wie diese jüngeren Marken zeigen. In unserem Zeitalter der globalen Vernetzung können Marken scheinbar über Nacht von der Anonymität zur Allgegenwart aufsteigen.
Das ist der verhältnismäßig einfache Teil. Die erfolgreiche Umsetzung des Logos ist eine ganz andere Geschichte.
Nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen
Es ist erwähnenswert, dass im Beispiel von Mastercard die Wortmarke nicht völlig verschwindet. Nur … fast.
In der Mitteilung von Mastercard heißt es, dass die ineinandergreifenden roten und gelben Kreise nur in „ausgewählten Kontexten“ erscheinen werden, und zwar „bei Karten, die das rote und gelbe Markenzeichen verwenden, bei Akzeptanzzeichen an Einzelhandelsstandorten (wie, die Aufkleber an Ladentüren und Kassen) sowohl in der physischen als auch in der digitalen Welt sowie bei wichtigen Sponsoring-Objekten“. Es ist schwer vorstellbar, was nicht unter diese Kriterien fällt, aber es ist bezeichnend, dass Mastercard die Möglichkeit offen lässt, die Wortmarke in einigen Fällen zu verwenden.
„Dieser Ansatz gilt für Bereiche ihres Markensystems, in denen ein Kürzel benötigt wird“, sagt Fooks-Bale. „Ich denke, es ist klar, dass die Entscheidung für einen Aspekt ihres Markensystems gilt und noch nicht allgemeingültig ist. Stattdessen werden wir wohl sehen, wie die Marke sie schrittweise über verschiedene Touchpoints und Märkte hinweg implementieren wird.“

Mal sieht man es, dann wieder nicht: Die Wortmarke wird von vielen auffälligen Touchpoints verschwinden, vor allem von den eigentlichen Karten.
Dies wirft eine entscheidende Frage auf: Wie bestimmen Unternehmen, wo sie die Wortmarke gefahrlos entfernen können, ohne das Kundenerlebnis zu beeinträchtigen oder einen Verlust der Markenbekanntheit zu riskieren?
„Irgendwann muss man einen Vertrauensvorschuss geben“, sagt Fooks-Bale. „Man kann nur bis zu einem bestimmten Punkt forschen und testen. Man kann nicht vorhersagen, wie erfolgreich das Logo bei jedem Anwendungsfall oder jeder Zielgruppe sein wird, weder jetzt noch in Zukunft. Denken Sie daran, wie global diese Marke ist – sie muss mit unzähligen Drittanbietern und Lieferketten zusammenarbeiten, ganz zu schweigen von Millionen von Kund*innen.“
Für eine Marke wie Mastercard ist die bloße Anzahl der zu berücksichtigende Anwendungsfälle erstaunlich. „Was passiert, wenn das Symbol nicht in Farbe verwendet werden kann und auf Schwarz-Weiß umgestellt wird?“, sagt Fooks-Bale. „Wie laufen die Erkennungstests ab, wenn es auf ein Fußballtrikot aufgenäht, auf einen Werkstoff geprägt oder auf einem schwarz-weißen Kundenbeleg mit Bitmap gedruckt wird? Was ist mit einem veralteten oder niedrig aufgelösten Bildschirm? Ein kurzer Blick auf eine Plakatwand?“
„Man kann nicht einfach überall den Schalter umlegen“, fügt Zucker hinzu. „Es ist wichtig, dass man sich mit dem vorhandenen Markenwert wohl fühlt und zunächst an den wichtigsten Stellen langsam vorgeht.“
Apropos ‚wortlose Zukunft’
Müssen wir jetzt damit rechnen, dass immer mehr Marken auf ihre Wortmarke verzichten? „Noch nicht“, so Zucker.
„Ich glaube immer noch, dass die Wortmarke wichtig ist“, sagt er. „Seht euch die Interbrand 100 an. Ich finde es bezeichnend, dass nur sieben der Top 100 keine Wortmarke in ihrem Logo haben.“
Dies ist ein guter Moment, um darauf hinzuweisen, dass Mastercard mit besonderen Umständen konfrontiert ist, die andere Marken möglicherweise nicht haben. Ja, das Unternehmen genießt weltweit einen hohen Bekanntheitsgrad, von dem andere Unternehmen nur träumen können, und ja, es will seinen Platz in der Weltelite der Marken behaupten. Aber diese Veränderung betrifft sowohl die Zukunft als auch die Gegenwart oder die Vergangenheit.
Während immer mehr Einkäufe online getätigt werden und die Kund*innen ihre physischen Kredit- und Debitkarten zugunsten ihrer mobilen Geräte im stationären Einzelhandel meiden, hat Mastercard sich mit einem Namen aus einer vergangenen Ära herumzuschlagen. Werden Kinder, die heute geboren werden, in zwanzig Jahren überhaupt noch Plastikkarten in ihrem Portemonnaie haben – wenn sie überhaupt noch ein Portemonnaie haben werden? Es ist schwer vorstellbar, dass Mastercard jemals seinen Namen ändern wird, aber durch das Herunterspielen des Namens wird der Schwerpunkt auf den Service gelegt, den das Unternehmen anbietet, und zwar auf eine Art und Weise, die die Zukunft einschließt.
Mastercard ist natürlich nicht die einzige Marke, die einer unvorhersehbaren Zukunft entgegensieht. „Es ist spannend zu beobachten, wie große Marken sich den Herausforderungen und Chancen unserer digitalen Zukunft stellen“, so Fooks-Bale. „Und obwohl ich mir sicher bin, dass mehr Unternehmen Marken wie Mastercard folgen werden, ist es meiner Meinung nach nicht erforderlich, sich von der Wortmarke zu trennen.“
„Das Endergebnis für jede Marke ist Folgendes: Wie können Sie Ihre Marke effizient vermitteln?“, fragt Zucker. „Jede Marke wird eine etwas andere Antwort auf diese Frage haben, und das ist die Herausforderung für uns hier bei Monotype – nicht nur, Marken bei der Auswahl des richtigen Fonts zu helfen, sondern auch dabei, wie sie diese am besten in ihrer breiteren visuellen Identität einsetzen können.“